Die einfachblühende Dahlie
Unendlich viel gibt es zu dieser Dahliengruppe zu sagen ...
Im Folgenden finden Sie zur Inspiration zwei Artikel, die Lust darauf machen, sich weiter mit diesen faszinierenden Pflanzen zu beschäftigen.
Eine Betrachtung
von
Michael Otto
Eine Betrachtung
von
Hilke Wegner
Eine Betrachtung
von
Michael Otto
Eine Betrachtung
von
Hilke Wegner
Wiederentdeckung einer lange vernachlässigten Blumengruppe
Innerhalb der gezüchteten Formen gibt diese Dahliengruppe die ursprüngliche Blütenausprägung ihrer wilden Ahnen am stärksten wieder.
Sie nimmt ihren Betrachter durch die edle Schlichtheit der Blumenform (besonders bei den Sorten mit nur 8 Blütenblättern) gefangen, durch ihre Naturnähe, die Leuchtkraft ihrer Farben,
die Transparenz ihrer Blütenblätter (besonders im Gegenlicht der tiefer stehenden Sonne), den Glanz ihrer Farben bei bedecktem Himmel und Regenwetter,
die Vielfalt der Farbkombinationen bei vielen neueren mehrfarbigen Sorten und durch den Kontrast der nach und nach aufblühenden goldgelben Pollenträger zum halbdunklen oder dunklen Blütenboden.
Sie fasziniert durch ihre Reichblütigkeit, die es ermöglicht, bereits von wenigen Pflanzen den ganzen Hochsommer und Herbst hindurch ständig schöne Sträuße fürs Haus zu schneiden,
und bei einigen Sorten zusätzlich durch interessante und hübsche Laubformen und –zeichnung.
Große Freude bereitet auch ihre starke Anziehungskraft auf Insekten, besonders Bienen, Hummeln, Schwebfliegen und eine Vielzahl von Schmetterlingsarten.
Ihnen dient der reichhaltig vorhandene Pollen als üppige Nahrungsquelle, bis der erste Nachtfrost das Dahlienjahr beendet.
Meine Züchtungsarbeit hat durch die langjährige Zusammenarbeit sowohl mit dem Institut für Zierpflanzenzüchtung der BAZ* in Ahrensburg
als auch mit dem Institut für Pflanzengenetik, AG Molekulare Pflanzenzüchtung, der LUH** entscheidende neue Impulse bekommen.
Durch ihre interessanten, detailreichen und praxisorientierten Arbeiten haben Dipl.-Ing. agr. Hilke Wegner und Dr. rer. nat. Stephan Schie einen besonderen Anteil an der Entstehung der neueren Sorten.
Bilder © Hilke Wegner
*Bundesforschungsanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen
**Leibniz Universität Hannover
Text: Michael Otto
Liebhaberzüchter von Einfachblühenden Dahlien
Sommer 2017
einfachblühend … einfach besonders
Dahlien haben sowohl als Garten- als auch als Schnittblumen einen sehr hohen Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad.
Fast alle kennen diese unglaublich farb- und formenreiche Pflanze, die ab Ende des 18. Jahrhunderts ihren Siegeszug durch Europa angetreten hat.
Die durch spontane Kreuzung von Wildformen entstandenen Gartenformen wurden aufgrund ihrer Vielfältigkeit als Dahlia variabilis bezeichnet.
Die Gattung Dahlia gehört - wie auch die Sonnenblume, die Ringelblume, die Aster und viele weitere Gattungen - systematisch gesehen zur Familie der Asteraceae, die früher auch als Korbblütengewächse bezeichnet wurden.
Diese Zugehörigkeit weist bereits darauf hin, dass es sich bei dem landläufig als Blüte bezeichneten Pflanzenteil gar nicht um eine Blüte, sondern um einen Blütenstand handelt.
Haarspalterei? Wer diesen Aspekt übersieht, der verpasst viel Interessantes beim Anblick dieser Schönheiten.
Die Blütenstände setzen sich aus einer Vielzahl von Einzelblüten zusammen und sind als Gesamtgruppe von Hüllblättern umgeben.
Bei den Dahlien gibt es zwei Typen von Einzelblüten.
Die meist nicht fertilen (unfruchtbaren) Zungenblüten, bei denen die fertilen Teile stark reduziert oder umgewandelt sind
(wie beispielsweise die Halskrause bei den sogenannten Halskrausendahlien, im Folgenden: "Halskrausenstruktur"),
und die Scheibenblüten, die als Röhren erscheinen und sich am oberen Ende mit fünf Spitzen öffnen, wenn sie aufblühen.
In der Blütenröhre befinden sich fünf längliche Staubbeutel (Antheren), die ebenfalls in eine Spitze auslaufen und nach außen häutig verwachsen sind.
In Aufsicht wird die ringförmige Anordnung der Antheren sichtbar, in der Mitte dieses Kreises sitzt das weibliche Blütenorgan – die Narbe.
Im oberen Bereich besitzt sie zwei Äste, die zunächst zusammengeklappt sind. Auf der äußeren Seite der Narbe finden sich Fegehaare.
Wenn sich der Blütenstand öffnet, blühen die in Ringen angeordneten Einzelblüten von außen nach innen auf.
Die Zungenblüten entfalten beim Aufblühen ihre farbige Zunge, in den Scheibenblüten geben die Antheren den Pollen in üppiger Menge frei, die Blütenröhre öffnet sich, die Narbe verlängert sich, und beim Herausschieben aus der Blütenröhre transportieren
die Fegehaare den Pollen aus der Röhre heraus.
Die Narbenäste sind dabei noch geschlossen und erscheinen wie gepuderte Kerzenflammen.
Erst wenn die Narbenäste aus der Röhre herausgeschoben sind, klappen sie auseinander, und die unbehaarte Innenzone der Äste liegt frei.
Nur auf dieser glatt erscheinenden Innenzone können Pollenkörner auskeimen und Pollenschläuche in die Narbe hineinwachsen. Sie nehmen dann den Weg durch das Narbengewebe nach unten zur Samenanlage.
Wenn diese erfolgreich befruchtet ist kann ein Same entstehen.
Ist ein Blütenstand abgeblüht, legen sich die Hüllblätter wieder um die Blüten und bilden eine schützende "Kapsel".
Die entstehenden Samen reifen dicht an dicht stehend in dieser Kapsel heran.
Wenn die Samen reif sind, wird die Kapsel trocken, blättert auf, und die Samen lösen sich vom Blütenboden. Das anhaftende Spreublatt unterstützt die Verbreitung mit dem Wind.
Der Radius, in dem sich die Samen ausbreiten, ist allerdings eher gering.
Nur in sehr milden Wintern überleben die Samen im Freiland und keimen im Frühjahr aus.
Die Gartendahlien werden anhand ihrer Erscheinung klassifiziert.
Die genaue Definition der einzelnen Klassen finden Sie auf der Internetseite der DDFGG im Bereich "Dahlien" unter der Rubrik "Klassen".
Ausschlaggebend für die Zuordnung von Sorten zu den Klassen sind die Anzahl der Ringe von Zungenblüten auf dem Blütenstand (die Blütenfüllung), die Sichtbarkeit der eher flachen Scheibe, das Vorhandensein der Halskrausenstruktur und die Faltung der Zungenblüten.
Eine Zungenblüte kann flach ausgebildet oder der Länge nach nach innen (z. B. Seerosen- und Balldahlien) oder außen (z. B. Kaktusdahlien) aufgerollt sein.
Das Aufrollen kann über die gesamte Zungenblüte oder eher im basalen oder im äußeren Bereich der Blüte erfolgen.
Wenn über einfachblühende Dahlien gesprochen wird, sind die Dahlien der Klasse "Einfache Dahlien" gemeint.
Sie sind nicht weniger aufwändig oder weniger speziell in ihrem Aufbau, sie sind Dahlientypen, die nur einen Ring von Zungenblüten (ein-fach) ausgebildet haben.
Auch die meisten Wildarten entsprechen diesem Typ.
Während bei den meisten gefüllten Dahlien Farbe und Musterung die Gesamterscheinung der Blütenstandsform unterstreichen (die Zonierung der Zungenblüten verstärkt beispielsweise bei Kaktusdahlien den Eindruck der stachligen Spitzen), ist dies bei den einfachblühenden Dahlien eher umgekehrt.
Die schlicht-eleganten, vorwiegend flach geformten Zungenblüten sind eher eine Bühne für die Wirkung von Farbe und Musterung, die bei diesen Dahlien die unangefochtenen Hauptdarsteller sind.
Die Zungenblütenform variiert bei den Einfachblühenden von fast rund bis längsoval, und am äußeren Ende kann sie rund bis spitz auslaufend sein.
Die möglichen Farben erstrecken sich über alle bei den Dahlien möglichen Farbtöne.
Die Blüten können einfarbig, mit Farbverlauf, zwei- oder dreifarbiger Zonierung, mit Mosaikmuster oder zusätzlich mit einem feinen farbigen Rand versehen sein.
Der mit Scheibenblüten besetzte Bereich des Blütenstands wird bei der Klassifizierung der Gartendahlien als "Scheibe" bezeichnet
und ist zwischen den Zungenblüten sichtbar (Ausnahme sind die Anemonendahlien mit ihren stark verlängerten Blütenröhren).
Die Farbe dieser Scheibe wird von unterschiedlichen Faktoren bestimmt: durch die Farbe der Blütenröhre in Aufsicht, durch die Farbe des aufliegenden Spreublattes und durch die Öffnung der Blütenröhre beim Aufblühen.
Die Scheibe kann so in Farben von grün, gelb über rot, braun bis hin zu schwarz erscheinen und so die Farbwirkung des Blütenständs nochmals verändern.
Im Verlauf des Aufblühens legt sich zusätzlich der gelbe Pollen über die Scheibe und verändert die Farbwirkung nochmals.
Auch das in Farbe und Form stark variierende Laub trägt zur Belebung des ruhigen Gesamteindrucks der Blüten bei.
Mit den starken Farbkontrasten locken die ungefüllten, einfachblühenden Dahlien eine Vielzahl von Insekten an.
Die Blüten stellen zwar keinen Nektar für die Insekten bereit, sie bieten aber mit ihrem überreichen Pollenangebot eine reichhaltige Nahrungsquelle.
Verschiedenste Arten von Schwebfliegen, Hummeln, Bienen und Schmetterlingen lassen sich auf den geöffneten Scheibenblüten beobachten.
In Zeiten, in denen wenig alternatives Nahrungsangebot vorhanden ist, sammeln die Schwebfliegen häufig den gesamten Pollen von den eben geöffneten Scheibenblüten ab, noch bevor die Narbenäste auseinanderklappen.
Mit dem Futterangebot aus den Pollen dieser ungefüllten Schönheiten unterstützen Sie als Gartenbesitzer nicht nur die ökologischen Kreisläufe in Ihrem Garten,
es gibt auch immer viele interessante Besucher auf den Blüten zu entdecken.
Unterschiedlichste Arten zeigen sich zu den verschiedenen Tages- und Jahreszeiten.
Wenn Sie Abgeblühtes regelmäßig entfernen und so die Samenbildung verhindern, haben Sie bis in den späten Herbst hinein üppige, leuchtende, wie Blumensträuße erscheinende Pflanzen im Garten, von denen Sie natürlich auch immer Blumen für die Vase im Haus schneiden können.
Für die Samen finden sich eher wenig tierische Abnehmer, der Schnitt geht also nicht zu Lasten der Vogelwelt.
Wenn Sie nicht bereits Fan dieser Dahlienklasse sind, lassen Sie sich im kommenden Dahlienjahr einfach von den einfachblühenden Dahlien, ihrem Charme und ihrer Leichtigkeit verzaubern.
Text und Bilder © Hilke Wegner
Jahrbuch der DDFGG 2017